Für die Gesundheit von Menschen und Tieren ist auch gutes Futter erforderlich. Denn was Tiere fressen, wirkt sich auf die Qualität des Fleisches im Supermarkt aus. Hier leistet Sebastian Lörcher mit seiner Arbeit einen wertvollen Beitrag. Im Referat 34 „Markt und Ernährung, Futtermittelüberwachung“ des Regierungspräsidiums Stuttgart ist er für die amtliche Futtermittelüberwachung zuständig. Dabei ist er viel mehr als ein Kontrolleur. Er hilft auch, die Vorschriften zu verstehen.
Früh am Morgen, wenn sich die ersten Sonnenstrahlen am Himmel zeigen, beginnt Sebastian Lörchers Arbeit. Der Futtermittelkontrolleur ist gerade bei einem großen Kraftfutterwerk angekommen, das er heute überprüfen wird. Als er die Halle mit den hohen Decken betritt, türmen sich Berge von Maiskleberfutter und Rapsextraktionsschrot vor ihm auf. Gerade hat ein Lkw frische Gerste geliefert. Der Geruch erinnert mal an Bier, mal an eine Bäckerei. Doch es ist Futter für Rinder, Schweine oder Geflügel.
Sebastian Lörchers Aufgabe ist es zunächst, bei einem Rundgang die Sauberkeit des Betriebs und die ordnungsgemäße Dokumentation zu überprüfen. Vor allem interessiert ihn heute die sogenannte Sackware – beziehungsweise was an Futtermittel darin ist. Denn das muss mit dem übereinstimmen, was auch draufsteht. Zunächst schaut er sich die Angaben auf dem Etikett eines Sacks Geflügelfutter an. Dann geht es an das Futter selbst. Sorgfältig schneidet er einen Sack auf und entnimmt mit einem Probenahmegerät, dem sogenannten Probenstecher, Futter. Das Futter läuft aus dem Sack heraus, geradewegs in einen mit einer Plastiktüte bezogenen Eimer. Manchmal muss er etwas wackeln, damit genug nachfließt. „Es ist wichtig, Proben von jeder Stelle des Futtermittels zu bekommen“, erklärt Lörcher. Er braucht gleich drei Endproben: eine für den Betrieb, eine für das Labor und eine als Rückstellmuster für das Regierungspräsidium. Am Schluss klebt er den Sack wieder zu und versieht ihn mit einem Siegel.

Sebastian Lörcher
Futtermittelkontrolleur
„Es ist wichtig, dass überwacht wird, was die Tiere zu sich nehmen.“
Seltene Beanstandungen
Die Probenahme ist eine notwendige Maßnahme der Qualitätskontrolle, um das Futter auf mögliche Schadstoffe sowie seine Inhaltsstoffe oder Zusatzstoffe zu überprüfen. Sind alle nötigen Vitamine und Proteine vorhanden? Gibt es vielleicht Spuren von Schimmel? Das ermittelt ein Labor. Nach zwei bis drei Wochen wird das Ergebnis feststehen. In den meisten Fällen gibt es nichts zu beanstanden. Doch gelegentlich muss Lörcher auch Hinweise erteilen, wo nachgebessert werden muss. Kleinere Mängel treten vor allem bei der Kennzeichnung, der Hygiene oder bei der Risikoeinschätzung auf. In schwerwiegenden Fällen, die selten sind, muss er ein Bußgeld aussprechen. Eine Betriebsschließung war bei ihm bisher noch nicht notwendig.
In der Regel arbeitet Lörcher bei den Kontrollen für sich. Doch allein ist er nie: Oft hält er Rücksprache mit Kolleginnen und Kollegen. Besonders aufwendige Kontrollen werden zu zweit durchgeführt. Im Anschluss an die Kontrolle dokumentiert Sebastian Lörcher seine Arbeit, bespricht sie mit seiner Vorgesetzten und schreibt in seinem Büro im Regierungspräsidium Stuttgart den Prüfbericht.
Vom Tischler zum Futtermittelkontrolleur
In seinem jetzigen Beruf landete der Agraringenieur über Umwege. Ursprünglich hat Sebastian Lörcher Tischler gelernt, dann eine Forstwirtausbildung und ein agrarwissenschaftliches Studium absolviert. „Ich stamme aus dem Schwarzwald und habe mich schon immer für Pflanzen interessiert“, erzählt der Amtsrat. Nach einer zunächst befristeten Anstellung beim Stuttgarter Regierungspräsidium hat es ihm dort sehr gut gefallen. Eine Stelle im Referat 34 „Markt und Ernährung, Futtermittelüberwachung“ wurde frei – Lörcher blieb. So kam er schließlich zum Beruf Futtermittelkontrolleur.
Im Regierungspräsidium Stuttgart hat er einen sehr spannenden, sicheren und für die Allgemeinheit bedeutenden Arbeitsplatz: „Es ist wichtig, dass überwacht wird, was die Tiere zu sich nehmen. Ich schaue, dass die Vorschriften eingehalten werden – dies dient der Tiergesundheit und dem Verbraucherschutz gleichermaßen.“ Denn die Nahrung der Tiere wirkt sich auf die Qualität des Fleisches aus, das bei Verbrauchern im Supermarkt landet. Das Thema ist für die Gesellschaft so wichtig, dass es in der EU einheitlich geregelt ist und zum Lebensmittelgesetz gehört. Alle Futtermittelkontrolleure müssen eine einjährige Fortbildung zu Futtermittelrecht machen. Seinen eigenen Fleischkonsum hat seine Arbeit nicht beeinflusst. Bio und Qualität spielten für Lörcher schon immer eine große Rolle.
Kontrolle der gesamten Lieferkette
Um seinen bestmöglichen Beitrag zu qualitativ hochwertigem Futter- und somit zu den Lebensmitteln Fleisch, Eier und Milchprodukte – zu leisten, nimmt Lörcher etwa 60 gewerbliche Betriebe pro Jahr unter die Lupe. Dabei arbeitet er oft mit dem Veterinäramt zusammen. Und er kontrolliert nicht nur Kraftfutterwerke, sondern deren gesamte Lieferkette – von landwirtschaftlichen Betrieben, die die Futtermittel produzieren, über die Händler, die sie verkaufen, bis zu den Speditionen, die sie liefern.
Die Vielfalt an Menschen und Betrieben schätzt er an seinem Beruf besonders: „Im Außeneinsatz ist kein Tag wie der andere. Mir macht es Spaß, so viel mit verschiedenen Leuten zu tun zu haben.“ Doch wie gut kooperieren die Unternehmen, die er unangekündigt kontrolliert? Meist erstaunlich gut: „Wenn man unangekündigt kommt, passt es natürlich oft nicht. Aber trotzdem kann ich nicht sagen, dass es Probleme gibt.“ Dass die Zusammenarbeit so gut funktioniert, liegt auch an Lörcher selbst. Er nimmt sich Zeit zu erklären, was es alles zu beachten gilt und warum die Kontrollen wichtig sind. Gerade kleine Betriebe, die neu in den Futtermittelbereich einsteigen wollen, haben oft Fragen zu Vorgaben und Anforderungen. „Da bin ich froh, wenn ich helfen kann“, so Lörcher. „Wenn ich sehe, meine Arbeit bewirkt etwas Gutes, bin ich stolz darauf. Und dann kriegt man schon mal ein Dankeschön zurück, obwohl man der Kontrolleur ist.“
Vor 100 Jahren:
Futtermittelrecht nimmt Fahrt auf
Die wichtige Kontrolle von Tierfutter auf behördlicher Basis begann in Deutschland verhältnismäßig spät im April 1920, also ein gutes Jahr vor der Gründung der BBBank. Das Königreich Sachsen hatte zuvor bereits 1889 eine Gesetzesinitiative zu Futtermitteln überprüft, weil ein Fall verunreinigten Mischfutters für Kühe schwere Folgen gezeigt hatte: Kinder waren nach dem Verzehr von Milch erkrankt und zahlreiche Kälber gestorben. Doch eine richtige Mischfutterverordnung mit einer gesetzlichen Genehmigungs- und Deklarationspflicht wurde erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1920 eingeführt.
1926 kam die Veterinärpolizei
Noch weiter griff das erste deutsche Futtermittelgesetz vom Dezember 1926, das die Verordnung ablöste: Futtermittel mussten nun behördlich angemeldet und registriert werden, Hersteller hatten genaue Angaben über verarbeitete Rohstoffe und Beimengungen zu machen. Die Veterinärpolizei übernahm die regelmäßige Untersuchung von Futterproben, Tierhygiene und Seuchenkontrolle. Insbesondere Chemiker und Veterinäre sorgten nun im öffentlichen Dienst für mehr Sicherheit bei Futtermitteln. Die Wissenschaftler forschten in „Veterinärpolizeilichen Anstalten“, also staatlichen Forschungseinrichtungen, die sich der Bekämpfung und Prophylaxe von Tierseuchen widmeten. Die Reinheit, Wirkung und Zusammensetzung von Futtermitteln war dabei ein wichtiges Forschungsfeld. Das Ziel: gesunde Lebensmittel von gesunden Tieren für gesunde Menschen.

Foto: ARTIS-Uli Deck, Ullstein